Digitalisierung ist eines der Buzzwörter der letzten Jahre in der Wirtschaft – Vortragende referieren über die Chancen und Veränderungen, die die digitale Transformation mit sich bringt; CEOs und AbteilungsleiterInnen fachsimpeln über den Pfad den sie einschlagen müssen. Digital sein, das wollen viele Unternehmen, die Veränderung proaktiv gestalten, das tun, zumindest in Österreich, schon weniger: Wasser predigen, aber Wein trinken lautet hier und da die Devise.

 „Vielleicht“ zur Digitalisierungsstrategie
Warum aber tun sich Unternehmen mit dem digitalen Wandel oft so schwer? Trotz festen Willens auf den digitalen Zug aufzuspringen, stellt sich der Entschlossenheit unter anderem ein tückischer Gegenspieler in den Weg: die Gewohnheit. Wenn Menschen bei ihren gewohnten Abläufen bleiben, fühlen sie sich dank eines neuronalen Belohnungssystems fast immer sicher und geborgen. Eingespielte Strukturen sind in der Wirtschaft durchaus praktisch, aber unpraktisch, wenn diese nicht mehr zeitgemäß sind und die Digitalisierung eigentlich ein Game Changer für viele Branchen ist, die es seitens des Managements klug für das eigene Unternehmen zu konfigurieren gilt.

Die Digitalisierung, so stellen viele fest, ist kein One-Way-Ticket mit festgelegter Destination, sondern ein langer, grundlegender und vor allem vielschichtiger Entwicklungsprozess, bei dem die ersten „Old Schooler“ schon kurzatmig werden. Sie birgt emergente Risiken und wenn Menschen sich mit zu vielen Unsicherheiten konfrontiert sehen, dann ziehen sie sich auf Altbekanntes zurück. Bezugspunkt ist dabei immer die eigene Sozialisierung: Was entsteht, nachdem man sich gesellschaftlich verortet hat (das geschieht etwa bis zum 30. Lebensjahr), dem begegnet man mit Skepsis. Betriebssystem ist der Mensch, nicht die Technologie, bemerkt die Digital-Therapeutin Anitra Eggler unlängst in einem Interview und weißt damit implizit auf den Faktor Mensch hin, der bei Veränderungen und Unsicherheiten durchaus schwerfällig reagiert.

Stare at your belly or the landscape!
Niemand, der heute außerdem mit 40+ ein Unternehmen leitet, ist mit einem „digitalen Daumen“ aufgewachsen oder wurde in seiner Ausbildung auf die vielen Unwägbarkeiten der digitalen Transformation vorbereitet. Und so orientiert sich das Organisationsverständnis vielerorts noch an altbewährten strategischen Erfolgsfaktoren, anstatt den Blick nach außen zu lenken und das Unternehmen sicher in die Zukunft zu übersetzen. Digital zu sein erfordert Mut und Offenheit der Unternehmen sowie der Verantwortlichen Bewährtes gehen zu lassen – etwas sehr emotionales. Digitaler Wandel (=Veränderung) bedeutet aus diesem Grund ein ständiges Change-Management, um eine digitale Kultur im Unternehmen zu etablieren. Hier eine App und dort ein bisschen Social Media reicht nicht aus, um ein veraltetes Geschäftsmodell umzukrempeln. Eine Digitalisierungsstrategie kostet viel Geld, bringt die Unternehmen aber wieder auf den richtigen Weg. So gilt: Die Erkenntnis allein bringt den Fuß noch nicht aus dem gemachten Bett, dazu muss man ihn schon in Bewegung setzen. Es ist höchste Zeit.