Als ich vor 20 Jahren bei einem WIFI-PR-Kolleg die große Freude hatte Dorothea Menedetter kennenzulernen, arbeitete ich freiberuflich für kleine soziale Einrichtungen wie dem Pflegeelternverband, der Möwe oder der Interessenvertretung NÖ. Familien und Organisationen, die eine ambivalente Haltung zur Öffentlichkeit hatten. Sie wünschten sich einerseits eine positive, imagefördernde Berichterstattung in den Medien, schreckten jedoch andererseits vor einer offensiven PR-Arbeit zurück. Denn „die Medien kommen nur dann auf uns zu, um Katastrophen oder Sensationen zu berichten“, so der Tenor. Ich hatte die Aufgabe die Leistungen und Aktivitäten dieser Einrichtungen entsprechend klar und gezielt zu vermitteln. Mit Dorothea Menedetter begriff ich erstmals, welche Qualität von PR-Beratung erwartet und welche hohe Verantwortung „PR-Menschen“ mit ihrer Tätigkeit und mit ihrem Auftreten haben. Wir müssen um diese Qualität täglich kämpfen und sich der Verantwortung auch bewusst sein.

Kompetenz statt Krawall
Die Qualität des Berufes fußt auch auf einer Tugend, auf einer Haltung und einer entsprechenden Gesinnung. Dorothea Menedetters unmissverständliche Botschaft: PR-Menschen „verhabern“ sich nicht mit Journalisten, sie pflegen mit ihnen einen professionellen Austausch, bleiben, wenn möglich beim „Sie“ und geben vor allem auch bei Auftraggebern nicht mit ihren journalistischen Kontakten an. Das ist eines „PR-Menschen“ nicht würdig, er oder sie punktet mit Kommunikationskompetenz und Kreativität und nicht mit oberflächlicher heißer Luft!

Welche Message habe ich?
Unvergesslich ihr Aufruf – und fast ein Gebot – „wenn Sie sich zu einem Pressetext hinsetzen, dann fragen Sie sich vor allem welche „Message“ habe ich? Wenn Sie darauf keine Antwort haben, dann lassen Sie es. Journalisten brauchen Informationen mit Nachrichtenwert, also Informationen, die einen Neuigkeits- und Nützlichkeitsaspekt haben und eine klare Botschaft. Filtern Sie daher die Themen sorgfältig, lassen Sie sich nicht zwingen etwas auszusenden, was sicherlich in der Rundablage landet.“ Damals haben wir noch Aussendungen per Post verschickt, per Telefon oder Fax in Redaktionen nachgefasst. Internet und E-Mails standen erst am technischen Anfang und drangen erst allmählich in unsere Tätigkeit ein. Doch was ist eine Botschaft? Sind Produkteinführungen Neuigkeiten? Wo grenzen wir uns von Marketing und Werbung deutlich ab? Wo sind Graubereiche? Alles Fragen, die uns nach wie vor und sogar durch die Digitalisierung noch mehr beschäftigen als vor 20 Jahren!

Bei Strafe verboten
Der schärfste Satz von Dorothea Menedetter bezog sich auf das Thema der Messung von PR-Arbeit in Form des „Werbe-Äquivalents“. Nach wie vor ringen wir in der PR-Arbeit um die Frage, wie können PR-Ergebnisse adäquat gemessen werden und wie können wir unsere Arbeit evaluieren? Das Werbeäquivalent setzt quasi einen Artikel in einer Zeitung mit einer ungefähr gleich großen Werbeeinschaltung in Zentimeter gleich. Für Menedetter eine regelrechte „Straftat“. Diese Art der Messung soll eine Art „Gegenrechnung“ sein und einen „Scheinwert“ darstellen, nämlich den, den der Verlag für eine Schaltung berechnen würde. Ungeachtet der Tatsache, dass ein Bericht Resultat einer gezielten Kommunikationsaktivität ist und nicht auf Bezahlung basiert. Ebenso ablehnend stand Dorothea Menedetter daher auch allen Formen von Medienkooperationen gegenüber. Eine Skepsis, die ich bis heute auch teile. Die Klarheit und Vehemenz mit der uns Dorothea Menedetter diese „no-gos“ vermittelt hat, gekoppelt mit einer Leidenschaft für den PR-Beruf bleiben unvergesslich.

Danke Dorothea.