Wir verkaufen nichts. Wir sind Geschichtenerzähler, sagen wir oft. Diese Beschreibung ist natürlich erstmal wenig zufriedenstellend. Falls Sie jedoch hoffend auf diesen Beitrag geklickt haben eine universalistische Definition zu finden, die á la „PR ist …“ anmutet, dann tun wir dem Begriff damit unrecht und blenden damit seine Vielfalt aus.

Kraft durch Vielfalt
Um es kurz anzureißen, in Praxis und Wissenschaft gibt es kein einheitliches Verständnis von PR. Man weiß was PR ist, aber auch wieder nicht, so unterschiedlich sind die Auffassungen und Definitionen geworden. Der Blick aus unterschiedlichen Perspektiven zeigt jedoch: Das Kürzel PR beinhaltet die Fähigkeit Beziehungen zu gestalten. Weit gefasst ermöglichen wir also die Kommunikation zwischen Auftraggebern und ihren Interessensgruppen. Enger wird PR vor allem als Form der Organisationskommunikation aufgefasst oder gar als Teil eines sozialen Systems, in dem PR z.B. bei Konflikten Verständigungsarbeit leisten und zur gesellschaftlichen Integration beitragen soll. Durch PR können Interessensgegensätze ausgetragen werden; eine pluralistische Gesellschaft lebt vom „Hinaustragen der Interessen“ in die öffentlichen „Arenen“. PR gewinnt so auch Bedeutung im Hinblick auf das Funktionieren komplexer, moderner Gesellschaften. PR beschränkt sich also nicht auf For-Profit-Unternehmen; meist wird PR aber auf Ebene der Unternehmenskommunikation konzipiert.

Prinzipiell gehört PR zur jeder langfristigen Überlebensstrategie eines Unternehmens dazu, dessen Verhalten grundsätzlich unter kritischem Blick der Öffentlichkeit steht. Das Unternehmen muss sich daher für diese öffnen, um sich und seine Anliegen zu legitimieren. PRler sind dabei Brückenbauer, denn PR ist neben anderen Formen der Kommunikation, die Voraussetzung für einen kommunikativen Austausch zwischen Organisation und Öffentlichkeit. Medien transportieren dabei mit jedem Bericht die PR der Beteiligten.

Die Ohren der PR sind überall
Im Gegensatz zu Werbung und Marketing orientiert sich PR in den wenigsten Fällen am Absatz von Produkten und Dienstleistungen (wie beispielsweise in der Produkt-PR). Es ist ein wesentliches Merkmal, dass PR nicht (nur) den Markt, sondern vor allem Stakeholder adressiert. Öffentlichkeitsarbeit kommuniziert zugleich auch organisationsintern. Interne PR ist zum Beispiel eine Grundlage für das Wirken nach außen: Wer sind wir? Was wollen wir sein? Diese Fragen gehen der Selbstdarstellung nach außen voraus. Werbung zum Beispiel ist Einwegkommunikation vom Sender zum Empfänger. Sie ist planbar, Zeitpunkt und Inhalt sind frei zu wählen. All dies entfällt bei der PR-Kommunikation. Weder Tonalität, noch Umfang einer journalistischen Meldung sind von uns im Vorfeld festgelegt. Kommunikation ist hier prinzipiell offen. Das bedeutet im Umkehrschluss auch, dass PR auch als ein Frühwarnsystem agiert: Sie trägt Außenkritik herein und setzt sich mit den Erwartungen der Öffentlichkeit aktiv auseinander.

PR hat dabei die Aufgabe Glaubwürdigkeit und Vertrauen durch Information aufzubauen. Nur durch glaubwürdige Botschaften, die Menschen ins Zentrum der Kommunikation stellen, wird Vertrauen, Interesse und Engagement aufgebaut, die Markenidentitäten, Image und Bekanntheitsgrad von Unternehmen stärken. Reputation ist aber keine kurzfristige Aktion oder oberflächliche Promotion, sondern muss nachhaltig gepflegt werden. PR agiert frei nach dem Motto „Marketing and advertising are Las Vegas showbiz. PR is a TED presentation.“

Geschichtenerzähler als Anwälte
In diesem Verständnis sind PRler auch kommunikative Anwälte. Ihnen werden oft faule Tricks, Manipulation, Täuschung oder Lügen nachgesagt. Dieses Problem liegt aber nicht in der Natur dieser Anwaltschaft, sondern nur in besonders unglücklichen Fällen (Cutlip und Center, 1978). Weder das Verdrehen der Wahrheit, noch die objektive und ausgewogene Berichtererstattung über das Unternehmen, treffen den Kern der PR. Glaubwürdige und authentische Kommunikation, die einen Gleichklang aus Reden und Handeln propagiert, sind unser Maßstab. Dass es hier Vertreter gibt, die die ethischen Kodizes der PR mit Füßen treten, sei deshalb erwähnt.

In unserem Berufsstand ist oft die Rede von Interessensgruppen, Dialoggruppen oder Zielgruppen. Die Schwierigkeit: Dieses Label impliziert keine Leute, die darauf warten passiv bespielt zu werden und mit unseren Botschaften „beschossen“ zu werden, sondern es sind Menschen, die in den dynamischen, medialen Welten klatschen oder Buh rufen können. Das Ideal einer symmetrischen, dialogorientierten PR bleibt zwar kontrafaktisch, aber alle Parteien müssen profitieren .

Glaubwürdige Navigatoren
Abschließend bleibt noch zu sagen: Gute Kommunikation ist notwendiger denn je, gerade in einer vernetzten und fragmentierten Öffentlichkeit kann Kommunikation immer weniger verstecken. Authentisches und glaubwürdiges Verhalten wird zur Voraussetzung. Außerdem sind Unternehmen mehr denn je gezwungen, sich durch starke Marken und eine gute Reputation zu profilieren. Produkte und Dienstleistungen reichen zur Differenzierung nicht mehr. Sie befinden sich unter starken Rechtfertigungsdruck gegenüber der Öffentlichkeit, welche die Handlungen und Entscheidungen der Unternehmensleitung kritisch verfolgt. Unternehmerisches Handeln muss legitim beurteilt werden, sonst ist die Glaubwürdigkeit und die Existenz eines Unternehmens bedroht. So verändert sich auch das klassische Kerngeschäft der PR – traditionelle Aufgabenbereiche verändern sich und werden immer umfangreicher. PR ist somit auch eine Organisationspraxis, die unklare, verschwommene Grenzen hat und sich konstant auf den unterschiedlichen Ebenen verändert. Die Abgrenzungen zwischen PR, Marketing und Werbung werden durchlässiger und verschwimmen in ihren Instrumentarien und Zielen immer mehr. Public Relations können alle diese Aktivitäten aufeinander abstimmen, aber sie sind nicht nur ein Aspekt des Marketings, mit der Markstrategien verfolgt werden können – vor allem da die Kommunikation zukünftig vor der Herausforderung einer Dialogintensivierung steht.

 

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